Sonntag, 17. Juli 2011

Mittelalterliche Lebensmittelfarben

Da wir auf einer Veranstaltung Anfang Juni ein mittelalterliches Festessen als Programmpunkt aufführen wollten, habe ich im Frühjahr gemeinsam mit anderen Vereinsmitgliedern der IG Wolf e. V. intensiv über Rezepte und die Ausgestaltung eines solchen Festes recherchiert. Zu Abläufen und Gerichten, aber auch über die Bedienung durch die Hofämter (Truchsess, Brotmeister, Mundschenk etc.) hatten wir ja schon im Vorjahr für unsere Hochzeit intensiv recherchiert. Dieses Mal ging es aber noch weiter ins Detail mit einem Schwerpunkt auf dem Thema Farbe. Verinfacht gesagt, war bei den Bauern des 12. Jh. alles grau, die Häuser, die Kleidung und auch das Essen, das sehr oft hauptsächlich aus Getreidebrei bestand. Die Adligen versuchten sich auf allen Ebenen möglichst weit davon zu distanzieren. Die farbenfrohe Kleidung fällt einem da gleich ein. Aber auch die Gebäude und Möbel waren oft sehr farbenfroh gestaltet und nicht zuletzt das Essen.
Wir haben also zusammengetragen, womit man im Mittelalter Lebensmittel einfärben konnte. Auf einem Workshop im April haben wir dann verschiedenes, was in den historischen Rezepten genannt wird, ausprobiert und in den folgenden Wochen weiter perfektioniert. Ein paar Ergebnisse will ich Euch hier zeigen.
Wir haben einen Grundteig hergestellt und dann mit verschiedenen Zutaten gefärbt. Dann haben wir zunächst mal Probestücke gebacken, um zu sehen, wie gut die Farbe nach dem Backen erhalten bleibt.


Auf dem Bild sieht man die Teigklumpen noch roh. Bekannte Sachen wie Petersiliensaft und Curcuma haben natürlich gut funktioniert. Mit geröstetem und zermörsertem Brot kann man den Teig zwar schön schwarz einfärben, aber er schmeckt hinterher scheußlich. Ist dann halt eher was für eine Schaupastete, die nicht gegessen wird. Ich habe eine Hühnchenpastete gebacken. Zur Dekoration kamen Teigschlangenlinien mit Petersiliensaftgrün und Kugeln zum Einsatz, die mit eingekochtem Rotwein gefärbt waren. Schmeckt auch etwas streng, ist aber noch essbar. Blöderweise habe ich hier kein Foto von. Naja, schaut Euch lieber die folgenden Kunstwerke an!
Da haben wir ein Rezept aus einem alten Kochbuch ausprobiert, in dem es heißt, man solle aus Teig eine Schlange formen, die gegen eine Taube kämpft, und beides auf einer Pastete platzieren. Das klang so toll, das mussten wir ausprobieren und so ist das Ergebnis:


Ich finde die Pastete ist hinreißend gelungen, aber ich muss gleich dazu sagen, dass ich sie nicht gebacken habe! Und hier gleich noch eine andere Pastete, an der ich nur ein bisschen mitgearbeitet habe, die aber im Wesentlichen auch von meinen Vereinskolleginnen gefertigt wurde, ebenso wie die im Hintergrund zu sehenden Mandeln, die mit Hilfe von Eiklar mit echtem Blattgold vergoldet wurden. Sie wurden zum Nachtisch gereicht - und gegessen!


Zum Nachtisch gab es außerdem ein Kirschpotage, das mit vergoldeten Gewürznelken dekoriert war, wie es im Originalrezept steht!
Und noch etwas spannendes gab es zum Nachtisch, an dem ich nicht mitgewirkt habe. Aber da man sowas nicht alle Tage sieht, wollte ich es Euch auch zeigen: ein essbares Schach! Das Schachbrett war aus Grießbrei und zum Teil mit Malvenblüten gefärbt. Das Originalrezept sieht zum Färben "Troy" vor, aber wir haben trotz intensiver Suche nicht herausfinden können, was damit wohl gemeint sein könnte. Die Figuren sind aus Käse und aus einer Art Lebkuchenteig geschnitzt. Nicht wundern, sie sahen im 12. Jh. noch anders aus als heute und stellten zum Teil auch noch ganz andere Figuren dar.


Ich habe mich derweil mit dem Thema "bunte Butter" befasst. Ich hatte sie im Vorfeld vorbereitet und eingefroren, da ich direkt vor der Veranstaltung mit dem Festessen noch arbeiten musste und keine Zeit dafür hatte. Ich bin zu sechs Kreationen gekommen mit sehr interessanten Geschmacksrichtungen. Sie beruhen nicht direkt auf mittelalterlichen Originalrezepten, sondern hier habe ich mit den Zutaten, die damals zum Färben von Saucen, Teig, Suppen etc. verwendet worden sind, experimentiert. Die helle Butter ist gewissermaßen standard mit Salz und Knoblauch, in der gelben treffen die würzige Schärfe von Curcuma und Feigensenf aufeinander zu einer wirklich leckeren Kreation, die ich auch für ein modernes Grillfest empfehlen kann. Die grüne, die ist mit ganz vielen Kräutern, klar. Die rote ist aber wieder spannend, es sind Meerrettich, rote Bete und rote Zwiebeln darin. Die braune bekommt ihre Farbe von gebräunten Zwiebeln, Zimt, gemahlenen, gerösteten Haselnüssen und Haselnussmus. Den ungewöhnlichsten Geschmack hat die schwarz-violette Butter, die mit gekochten Heidelbeeren, Mohn, schwarzem Pfeffer und Salz angerührt wurde.
Zum Einsatz kam die Butter bei den Vorspeisen. Gekochtes Hühnchenfleisch wurde in Schnecken- und Muschelschalen dekorativ angerichtet und mit den Würzbuttern bestrichen (im Bild ganz links).



Ganz rechts sieht man noch Käsestangen. Die habe ich gebacken. Sind zwar nicht so farbig, aber furchtbar lecker! Hier das Rezept:
175 g Butter schaumig rühren, dann 350 g Mehl, 3 Eier, Salz, Ingwer und 1 Glas mit Wein vermischtes Wasser zugeben und zu einem geschmeidigen Teig verarbeiten. Diesen mind. 1 Std. ruhen lassen.
Danach ausrollen und Teigblätter ausschneiden und um in Stifte geschnittenen Käse wickeln. Bei mittlerer Hitze etwa 30 Min. backen. Wenn man keinen sehr fetten Käse nimmt, empfiehlt es sich (ich habe zum Test die Käsestangen inzwischen mehrfach gebacken) die Stangen vor dem Backen mit Butter einzupinseln. Ich habe sie außerdem kurz vor dem Ende der Garzeit mit verschlagenem Ei bepinselt und gemörsertem Salz und Pfeffer bestreut. Kalt und warm absolut zu empfehlen!

1 Kommentar:

  1. Hallo Zebra !
    da du dich ja -wie in diesem Blog sehr ersichtlich ist :)- eingehend mit dem Thema Lebensmittelfarben im Mittelalter beschäftigt hast, wollte ich dich fragen ob du mir eventuell helfen könntest.
    Ich schreibe grade eine Seminararbeit zum thema Lebensmittelfarben, und ein teil davon soll auch über die Lebensmittelfarben gehen die im Mittelalter verwendet wurden.
    Hättest du vielleicht ein paar gute und Hilfreiche bücher oder internet seiten für mich ? ich wäre dir wirklich sehr dankbar dafür !:)
    Lg debbie

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